Dienstag, 25. Oktober 2011

Zwei

Ich lebe in zwei welten. Ich habe mich vor sechs jahren auf eine abenteurreise eingelassen und ich bin immer noch nirgendwo angekommen. Ich fühle mich weder in minsk noch in dortmund zu hause, aber ich versuche das beste daraus zu machen.
Meine generation kann sich noch sehr gut an die sowjetunion in guten und in schlechten zeiten erinnern. Wir können unsere kindheitserinnerungen sehr schwer voneinander unterscheiden, denn im grunde war bei dem meisten alles gleich: die jungen pioniere, kratzige strumpfhosen im kindrgarten und ferien am schwarzen meer als traum und inbegriff des glücks.
Irgendwann hörte das land auf zu existieren und wir waren auch keine kinder mehr. Die geschäfte wurden immer leerer, die ganze welt schrumpfte und plötzlich war die europa um die ecke. Alle türen standen offen und viele haben diese türen als notausgang genutzt.
Wie viele leute meiner generation, habe ich Ubi bene ibi patria, Wo es mir besser geht, ist die heimat, zum lebensmotto gemacht und versuche mein glück draussen in der großen welt.
Die generation nach uns hat sich “Es könnte schlimmer kommen.” auf das gehirn tätowieren lassen und ist zu hause geblieben. Sie glauben der regierung, bekommen kinder und lassen sich scheiden, sie buchen gerne pauschal und stehen nicht auf überrashungen.
Wir waren irgendwie anders, wir hatten noch die ganze welt für uns und nichts zu verlieren.
Jetzt pflegen wir unsere nostalgie von spanien bis nach kanada zerstreut, indem wir uns alte sowjetische schwarz-weiß filme auf dvd anschauen, im kontakt zu bleiben versuchen, uns an die alten zeiten erinnern und davon träumen, “nach hause” zu fahren. Aber zuhause ist kein geographischer begriff mehr, sondern zeitlicher, zu hause war vor ein paar jahren.
Am anfang war alles toll und aufregend. Bevor Carry und co mit ihren schuhen ankamen und die idee propagierten, dass man in einer stadt, sogar in einem viertel, ohne viel rum zu kommen glücklich sein kann, hatten wir andere vorbilder. Sie waren jung, gebildet und fühlten sich überall zu hause ohne irgendwo dieses zuhause zu haben. Wir fühlten uns aufregend und aufgeregt durch die ganzen möglichkeiten und chancen. Wir fühlten uns wie weltbummler, obwohl die meisten unserer reisen innerhalb von vrr-gebiet stattfanden. Die freiheit ging ungefähr bis nach venlo und zurück. Uns reizten nicht die reisen, sondern die möglichkeit welche zu unternehmen.
Mit der zeit hat es sich gelegt.
Jetzt fühle ich mich nicht mehr wie eine cosmopolitin, sondern wie eine ausländerin. Mein gehirn täuscht mir 23 vor, aber in meinem pass steht es schwarz auf rosa-gelb: zwei jahre kurz vor schlimm. Auch wenn auf der packung “premiere rides” steht, macht es die ersten fältchen nicht schöner. Und obwohl einem alles, was nach 85 geboren wurde, wie babys vorkommen, sind es inzwischen schon fast erwachsene menschen.
Irgendwie hat man das gefühl man sollte bis zum runden geburtstag richtige entscheidungen getroffen haben. Ach, was soll’s… sich überhaupt für etwas entschieden zu haben: Für einen mann, für einen job, für ein land. Aber noch haben wir zeit auch wenn es nicht so viel ist.
Ich glaube, gucke ich mir einen sowjetischen schwarz-weiß film an. Und dann gehe ich paar e-mails schreiben, um meinen freunden zu erzählen, wie schön es doch zu hause war.

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